Unsere Kritikpunkte

Zunächst ein paar grundsätzliche Überlegungen: Nachhaltige Rechenzentren – was heißt das heute ?
Alle Rechenzentren weltweit verbrauchen zusammen so viel Strom wie die gesamte Bundesrepublik Deutschland pro Jahr. Tendenz steigend! Kein Wunder, dass bei der Errichtung neuer Rechenzentren die Optimierung des Verbrauchs von Strom und weiterer Ressourcen sowie die Erhöhung der Effizienz und auch Umweltverträglichkeit höchste Priorität haben. Daraus ergeben sich folgende notwendige Gesichtspunkte:


Erneuerbare Energien: Nachhaltige Rechenzentren sollten ausschließlich mit erneuerbar erzeugtem Strom (in Deutschland vor allem aus Wind und Sonne) betrieben werden
Effizienz: Da erneuerbare Energien (noch) nicht im Überfluss vorhanden sind, sollten für Rechenzentren höchste Effizienzstandards gelten. D.h. die benötigte Rechenleistung soll mit möglichst wenig Energieeinsatz erfolgen.
Abwärme-Nutzung: Als „Nebenprodukt“ von Rechenzentren entsteht unvermeidlich Wärme. Da fossile Heizungen ohnehin ausgetauscht werden müssen, sollten Rechenzentren dort gebaut werden, wo ihre Abwärme zu diesem Zweck genutzt werden kann.
Minimierung Flächenverbrauch: Um Naturschutzräume, Wasserschutzgebiete und landwirtschaftliche Flächen zu schonen, sollten nachhaltige Rechenzentrum möglichst komprimiert, auf wenig Fläche, gebaut werden.
Minimierung Emissionen: Die Emission von Schadstoffen, Lärm und Hitze wird in nachhaltigen Rechenzentren minimiert, auch um die Akzeptanz der betroffenen Menschen zu erhalten.

Also: Wenn ein Rechenzentrum, dann nachhaltig!

Allgemeine Kritikpunkte zum in Schöneck geplanten Rechenzentrum

  1. Das gesamte neu geplante Gewerbegebiet (gut 12 Hektar bestes Ackerland) soll allein für das neue Rechenzentrum versiegelt werden, andere Unternehmen bekommen nicht die Chance, sich dort anzusiedeln
  2. Die Einnahmen der Gemeinde aus diesem Gewerbegebiet werden allein vom Rechenzentrum abhängig sein, keine Risikostreuung durch mehrere Unternehmen
  3. Die erwarteten Steuereinnahmen für die Gemeinde wurden mit rosa-roter Brille kalkuliert und sind nicht realistisch
  4. Der Investor will nach eigenen Angaben nur 20 Arbeitsplätze in den nächsten 3 Jahren schaffen, bis 2035 „könnten es 100 Arbeitsplätze werden“. Auf 12 Hektar Land könnten weit mehr Arbeitsplätze geschaffen werden können (20 Arbeitsplätze schafft jeder Handwerksbetrieb, der nur wenige hundert Quadratmeter Büro und Lager benötigt)
  5. Es wird viel mehr Fläche verbraucht und versiegelt als nötig
  6. Hochwertige Ackerfläche geht unwiederbringlich verloren (während überall in der Welt Hungersnöte drohen) und während anderswo bereits versiegelte Flächen nutzlos brach liegen
  7. Eines der letzten Besiedelungsgebiete des Feldhamsters und der Lebensraum anderer bedrohter Wildtiere wie Rebhuhn und Feldlerche wird zerstört
  8. Die versiegelte Fläche steht nicht mehr als Wasser- und CO2-Speicher zur Verfügung. Die Neubildung von Grundwasser für unsere Wasserversorgung wird eingeschränkt
  9. Das Rechenzentrum soll im Wasserschutzgebiet errichtet werden: inklusive 20 Notstromaggregaten und den dazu gehörigen unterirrdischen Tankanlagen für 60.000 Liter Diesel pro Halle, also 600.000 Liter Diesel ingesamt. Weder zu den Risiken hierdurch noch zu den möglichen Lärmemissionen gibt es bisher fachlich fundierte Gutachten
  10. Auch zu möglichen Auswirkungen der durch das Rechenzentrum ausgestoßenen heißen Luft auf das Mikroklima gibt es keine Fachgutachten
  11. Unser Strombedarf zum Beispiel durch E-Mobilität, Digitalisierung oder Wärmepumpen wird steigen. Für uns ist nicht überzeugend dargelegt, wie im laufenden Betrieb eines Rechenzentrums (das einen immensen Strombedarf hat) unsere Stromversorgung sicher gewährleistet werden kann

Aktuelle Situation: konkret geplante Bauweise des Rechenzentrums

  • Das Rechenzentrum soll nach veralteten Maßstäben in Modulbauweise gebaut werden, aktuelle Vorstellungen und Lösungen zum Bau von nachhaltigen Rechenzentren sind in diesem Konzept nicht enthalten. Änderungen zum Klima- und Naturschutz sind im Konzept nicht enthalten und können nicht berücksichtigt werden, da der Betreiber nicht von seiner einstöckigen Modulbauweise abweichen wird
  • Im Verlauf des Mediationsverfahrens wurde ein Vorhaben konkretisiert: Der Energieversorger EAM soll eine Machbarkeitsstudie für die Versorgung der Gemeinde mit Abwärme durch ein Nahwärmenetz erstellen
  • Die Firma Hetzner online GmbH hat sich bereit erklärt, die Abwärme „kostenlos“ bereit zu stellen – wozu sie nach der geplanten Gesetzeslage auch bald verpflichtet sein wird
  • Wir begrüßen das Vorhaben sehr, ein Nahwärmenetz aufzubauen. Schon mit einem kleinen Teil der Gebäude des geplanten Rechenzentrums (= erste Ausbaustufe) könnte mit der entstehenden Abwärme vermutlich ein großer Teil der Gemeinde geheizt werden. Dazu erklärte Herr Hardt von der EAM während der Mediation „ … dass man bei den bisherigen Simulationen nur das Potenzial der ersten Ausbaustufe betrachtet habe. Allein dieses würde nach den bisherigen Erkenntnissen der EAM Natur Energie GmbH aber schon ausreichen, um den notwendigen Bedarf an Nahwärme zu decken.“ Siehe Protokoll Nr. 4: https://adribo.de/wp-content/uploads/2023/07/Protokoll-4.-Mediationssitzung-am-13.07.2023.pdf Die technische Umsetzung scheint für Hetzner online GmbH möglich zu sein, konkrete Pläne gibt es bisher jedoch nicht. Wir sind sehr skeptisch, ob das Nahwärmenetz wirklich zustande kommt oder ob am Ende nicht doch – z.B. aus Kostengründen – die Pläne scheitern.

  • Wir haben von Beginn an Themen wie Photovoltaik, Begrünung der Gebäude (die zur Kühlung der Umgebung beitragen würde) und Einrichtung von Versickerungsflächen in die Diskussion eingebracht. Dies soll berücksichtigt werden, es gibt jedoch noch keine verbindlichen Vereinbarungen zum Bebauungsplan, zum Beispiel mit einem städtebaulichen Vertrag.

  • Insgesamt steht für uns die Größe der versiegelten Fläche in keinem Verhältnis zu den möglichen Schäden für Umwelt, Klima- und Naturschutz. Die Gewerbesteuereinnahmen sind nicht sicher zu beziffern und wahrscheinlich deutlich geringer als erwartet.
  • Wir fordern eine erhebliche Reduktion der Gesamtgröße und Grundfläche des geplanten Rechenzentrums. Dies haben wir in unserer Stellungnahme zum Abbruch der Mediation durch die Mehrheitsfraktionen der Gemeindevertretung begründet.