Die Gemeindevertretung Schöneck hatte im Oktober 2022 beschlossen, ein Mediationsverfahren durchzuführen, mit der Erwartung und in der Hoffnung, „den sozialen Frieden in der Gemeinde zu erhalten und eine konsensuale Lösung statt eines konfrontativen Gerichtsverfahrens zu erreichen“.
Da uns dies auch sehr wichtig ist, haben wir damals zugestimmt und uns in dem gesamten Verfahren, das am 13.7.23 endete, an die Bedingungen wie Friedenspflicht und Vertraulichkeit gehalten und gehen somit heute auch erstmalig auf die Verhandlungen ein.
Wir, die fünf Vertreter:innen des BlS haben uns alle Mühe gegeben, mit vielen guten und sachlichen Argumenten, die es gegen die Durchführung der jetzigen Form der Planung gibt, die Vertreter:innen der Fraktionen und der Verwaltung zu überzeugen, ihren Beschluss zum Bebauungsplan doch noch einmal zu überdenken. Leider ohne Erfolg.
Mediationsabbruch durch Mehrheitsfraktionen
Am Abend des 13.7.23 ist die Mediation ohne ein greifbares Ergebnis durch die Vertreter:innen von fünf der sechs politischen Fraktionen beendet worden, obwohl wir – wie auch die Fraktion der Grünen – die Hoffnung auf eine mögliche Annäherung noch hatten und die Gespräche gern weiter führen wollten. Als Grund für die Beendigung wurde durch die Fraktionen (abgesehen von den Grünen) angeführt, dass man keinen Sinn in der Fortführung der Mediation sah, da wir uns nicht pauschal mit einer Beibehaltung der Bebauung der geplanten Fläche von fast 13 Hektar für das neue Rechenzentrum einverstanden erklären wollten.
Kein Entgegenkommen beim Flächenverbrauch
Unsere zentrale Forderung seit Gründung der Bürgerinitiative war die Reduktion des Flächenverbrauchs, z.B. durch die Errichtung zweistöckiger Rechenzentren, wodurch der geplante Flächenfraß von fast 13 Hektar kurzerhand schon auf die Hälfte hätte reduziert werden können. Die Reduktion der Fläche war also von Anfang an und bis heute durchgehend eines unserer zentralen Anliegen, an dem wir nach wie vor festhalten.
Leider war aber der Investor, die Hetzner online GmbH, nicht dazu bereit, die Fläche auch nur geringfügig zu reduzieren, obwohl dies nach Angaben der Hetzner online GmbH eigentlich technisch möglich ist. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde eine solche Änderung jedoch vom Investor pauschal abgelehnt, so dass bedauerlicherweise im Ergebnis die Mediationsverhandlungen gescheitert sind.
Das Thema der immensen Flächenversiegelung fanden alle Teilnehmenden der Mediation zwar „wichtig“, aber nicht wichtig genug, um die zu versiegelnde Fläche zu reduzieren.
Auch unsere übrigen Themen, nämlich die Problematik des Natur- und Artenschutzes, (die bedrohten Arten: vom Feldhamster über die Feldlerche bis zur Goldammer), der Grundwasserschutz und der Überschwemmungsschutz bei Starkregen, führten zu keinem nennenswerten Umdenken. Immerhin bot der Investor an, die zu versiegelnde Fläche – soweit wie möglich – so zu versiegeln, dass das Wasser teilweise im Boden versickern kann. Außerdem wurde vom Investor der Bau eines Versickerungsbeckens angeboten, wobei dieses Thema schon in der Vergangenheit vom Regierungspräsidium Darmstadt ins Spiel gebracht wurde.
Auch die Tatsache, dass das Rechenzentrum mit seinen 20 Notstromaggregaten und den dazugehörigen 60.000 Liter Diesel in zehn unterirdischen Tankanlagen im Wasserschutzgebiet errichtet werden soll, schien nur für uns problematisch zu sein.
Weitere Flächenversiegelung trotz drohendem Trinkwassernotstand
Die „Wasserampel“ im MKK und in Schöneck steht seit dem letzten Wochenende auf grau – der letzten Warnstufe vor dem Trinkwassernotstand.
Die aktuelle und zukünftige Wasserversorgung unserer Gemeinde ist bisher keineswegs zufriedenstellend geklärt und gesichert, wie wir offiziellen Dokumenten des Wasserversorgers entnehmen können. Im Rahmen der Mediation wurden wir durch einen Mitarbeiter des Wasserversorgers für den MKK darüber informiert, dass die Gemeinde Schöneck in Sachen Wasser defizitär ist und etwa die Hälfte des hiesigen Wasserbedarfs aus der Umgebung nach Schöneck „gebracht“ werden muss. Er mahnte ausdrücklich und eindringlich einen sparsamen Umgang mit dem Trinkwasser an. Künftig dürfte das Thema Trinkwasser zu einem noch größeren Problem werden.
Am 11.7. war in der Presse zu lesen, dass vier große Wasserwirtschaftsverbände in einem Positionspapier die Wasserversorgung als alarmierend darstellen und einen Paradigmenwechsel fordern. Als Teil dieser Umorientierung wird die Notwendigkeit gesehen, Flächen zu entsiegeln.
In Hessen sind 16,24 % der Landesfläche durch Siedlung und Verkehr versiegelt (2021), dieser Anteil ist seit Jahren leicht, aber stetig gestiegen.
Unser Ackerboden in Schöneck hat die höchsten Güteklassen und eine besonders hohe Fähigkeit, Wasser zu speichern, so dass er auch in Dürrezeiten relativ gesehen „gute“ Erträge liefern kann. Wir wissen spätestens seit Beginn des Ukrainekrieges, dass die Ernährungssituation nicht so stabil ist, wie wir bisher angenommen haben.
Nicht zuletzt hängt mit der Versiegelung der Böden auch deren Speicherfähigkeit von CO2 zusammen, die bei versiegelten Böden entfällt.
Während von Fachleuten über die Entsiegelung von Flächen gesprochen wird, werden in den Gemeinden tagtäglich wertvolle Flächen durch Versiegelung zerstört. – So ist es auch hier bei uns nach wie vor geplant.
Wir fordern weiterhin und nachdrücklich, überall an Versiegelung zu sparen, wo es möglich ist. Es gibt eine Reihe von guten und sinnvollen Vorschlägen, wie es möglich ist, in Schöneck bei der Planung des Rechenzentrums weniger Fläche zu versiegeln. Diese Vorschläge wurden im Mediationsverfahren in die Diskussion eingebracht.
Kein Entgegenkommen der Fa. Hetzner beim Flächenverbrauch – keine politische Einflußnahme
Dass der Investor, die Firma Hetzner online GmbH, im Rahmen der Mediation nicht bereit war, an seinem Konzept der Modulbauweise mit hohem Flächenverbrauch zu rütteln und keinen Meter Fläche „hergeben“ wollte, finden wir sehr bedauerlich.
Genauso bedauerlich finden wir, dass von Seiten der Politik keine für uns sichtbaren Anstrengungen unternommen wurden, den Investor zu einer flächenschonenden Bauweise zu bewegen. Vielmehr wurde das flächenintensive Konzept des Investors hingenommen und uns deutlich gemacht, dass es nichts zu diskutieren gibt, wenn der Investor sagt, dass er nur so bauen möchte.
Feldhamster und Feldlerche würden sich energisch beschweren – wenn sie könnten. Sie sind zwar auf der Roten Liste und vom Aussterben bedroht, sie haben aber keine Lobby, und die wirtschaftlichen Interessen stehen gegen sie. Da wird nicht berücksichtigt, dass der Erhaltungszustand der Feldhamster-Population um Kilianstädten herum als sehr schlecht eingestuft wird. Trotzdem wird die Meinung vertreten, dass die Tiere in Ausgleichsflächen umgesiedelt werden könnten, was viel Geld kostet und von Fachleuten als wenig erfolgsversprechend eingeschätzt wird, wenn die Population in einem schlechten Zustand ist.
Es ist heute alltäglich und allerorten zu lesen, dass Artenschutz und Klimaschutz sowie Nachhaltigkeit von Politikern und Firmen gefordert wird. Aber wenn es dann konkret wird, spielt das oft keine Rolle mehr.
Bedenkt man nun, dass die finanziellen Vorteile, die sich die Gemeinde durch das Projekt verspricht, eher überschaubar und keineswegs gesichert sind, fragen wir uns:
Was läuft hier eigentlich falsch?
Wir befürchten, dass die Gemeinde ihre Pläne umsetzt, dass knapp 13 Hektar Ackerland zerstört werden und man dann kurze Zeit später merkt, dass die Gemeinde kaum finanzielle Vorteile hat und zudem noch hoher Bedarf an Gewerbeflächen für Ortsansässige besteht. Dann wird das nächste Gewerbegebiet ausgewiesen. Das Bewusstsein für den Wert des unversiegelten Bodens und seiner unersetzlichen Funktionen für uns Menschen ist offenbar noch recht klein.
Positive Entwicklung bei der Abwärmenutzung – jedoch ohne Verbindlichkeit
Es gibt jedoch auch gute Neuigkeiten zu vermelden und zwar zum Thema Abwärmenutzung:
Die Gemeinde hatte im Frühjahr 2023 den Netzbetreiber EAM gebeten, eine Vorprüfung der Möglichkeit der Abwärmenutzung und des Baus eines Nahwärmenetzes in Teilen des Ortsteils Kilianstädten vorzunehmen. Sollte die Vorprüfung ein positives Ergebnis haben, wäre dann der nächste Schritt eine „Machbarkeitsstudie“, die die konkreten Erfordernisse und Bedingungen für ein solches Netz untersucht.
Die Firma Hetzner online GmbH hatte sich ja schon im Oktober 2022 bereit erklärt, die Abwärme „kostenlos“ bereit zu stellen, wozu sie nach der geplanten Gesetzeslage auch verpflichtet wäre.
Wir begrüßen das Vorhaben sehr, ein Nahwärmenetz aufzubauen. Wir sind jedoch sehr skeptisch, ob es wirklich zustande kommt oder ob am Ende nicht doch – z.B. aus Kostengründen – die Pläne scheitern.
Diese Punkte waren jedoch keine Ergebnisse der Mediation, sondern waren schon in der Vergangenheit „angestoßen“ bzw. zugesagt worden.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass wir es sehr bedauern, dass sich der Investor nicht in der Lage sah, seine Pläne für das Rechenzentrum auf eine kompaktere Bauweise umzustellen und weiterhin auf Nutzung der gesamten Fläche von ca. 128.000 qm besteht.
Da die Fraktionsvertreter:innen an dem Investor als Vertragspartner festhalten, sind auch die Vertreter:innen der Gemeinde zu keinen Flächeneinsparungen zu bewegen gewesen.
Sie erklärten somit, bis auf die Grünen, für sich das Mediationsverfahren für beendet.
Wir möchten abschließend betonen, dass wir für weitere Gespräche mit allen Beteiligten offen sind und zur Verfügung stehen.